[XVIII] - HANK zieht (R)UM

Tala2

Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Fr 25. Feb 2022, 23:32

Never go in with a Sicilian when death is on the line.

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Kadosma akwbi
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Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Sa 26. Feb 2022, 09:55

:lol:
Abenteuer. Hah. Große Erlebnisse. Pah. Nach solchen Dingen verlangt es einen Hobbit nicht.

Tala2

Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Mi 29. Jun 2022, 00:18

Never go in with a Sicilian when death is on the line.


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Kadosma akwbi
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Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Mi 29. Jun 2022, 10:46

Klingt nicht nur schräg, ist es auch :D Ich hab mir das jetzt mal angehört ... naja. Sie versucht, die Notwendigkeit einer (ihrer) neuen Übersetzung vom Gender-Gesichtspunkt aus zu rechtfertigen. Dazu bringt sie genau zwei konkrete Punkte:

- Dass in einigen englischen Übersetzungen die illoyalen Dienerinnen, die Telemachos tötet, "sluts" genannt werden. Da hat sie recht. In Homer steht nichts dergleichen. Sie waren schamlos und haben dem Haus und Penelope Schande gebracht, aber nicht, weil sie mit irgendwem im Bett waren, sondern mit den Feinden des Hauses. (Ob die Frauen nun "Sklavinnen" oder "Dienerinnen" genannt werden, ist recht wurscht. Im homerischen Universum ist das dasselbe; diese Welt hatte kein Problem mit Sklaverei, das war etwas Normales.)

- Kalypso, mit zwei Unterpunkten:
Dass Kalypso in Übersetzungen als lächerlich dargestellt wird, indem sie als "nymph" betitelt wird (im modernen Umgangs-Englisch ein sehr junges Mädchen). Tja, aber das ist sie nun mal, eine Nymphe im ursprünglichen Sinn. Und das Wort steht auch nicht allein, sondern ist (auch in den Übersetzungen) begleitet vom Epithet "queenly", also "the queenly nymph". Das soll despektierlich sein?
Zweitens kommt angeblich Kalypso in anderen Übersetzungen schlecht dafür weg, dass sie mit Odysseus schläft. Zunächst kommentiert Wilson: Für eine solche Auffassung, also Kalypso als loses Mädchen, gäbe es keine Textbelege (13:51). Das stimmt, aber sie impliziert damit, dass andere Übersetzer diese Auffassung haben. Kurze Zeit später behauptet sie es klipp und klar: "It's handled much more subtly (im Original) than some of the translations would lead you to believe." Aber sie bringt keinen Beleg, kein Beispiel, nix, und ich habe auch keins gefunden. Sie scheint mir ein Problem herbeizureden, das es nicht gibt, um ihre These zu untermauern. Stichwort Strohmann-Argument.

Alles andere, wovon sie redet, ist nicht Problem von Übersetzungen, sondern sind Probleme, die im Originaltext thematisiert werden: Wie Kalypso darüber klagt, dass Affären von Göttinnen mit menschlichen Gefährten von Zeus hintertrieben werden (impliziert: umgekehrt nicht). Oder die unterschiedlichen Frauentypen Helena, Klytaimnestra, Kalypso, Circe, Penelope. Aber das ist a) nicht ihr Thema und Fund, sondern Homers und hat b) auch wieder nichts mit irgendwelchen anderen, angeblich frauenfeindlichen, Übersetzungen zu tun. Sie plustert damit nur ihre These optisch weiter auf, sodass man nach 20 Minuten den Eindruck gewinnen soll, dass da ja mächtig was dran ist.

Ähnlich die Sache mit den Wangen: Sie erklärt, warum sie die Passage mit den "schmelzenden Wangen" so übersetzt hat. Die hat sie auch wirklich schön übersetzt. Tatsächlich schmelzen bei Homer nicht Penelopes Tränen auf dem Gesicht, sondern das Gesicht und die Wangen selbst schmelzen unter den Tränen. Sie ist allerdings keineswegs die erste, die das ernst nimmt, auch wenn sie es wieder so klingen lässt. Wichtiger noch ist aber ihre Interpretation: dass hier die Frau offenbar selbst schmilzt = aufhört zu existieren ("death of the self"), weil sie ihre Fähigkeiten nicht entfalten kann (20:25, die Passage zeige, "how horrible it is to be a very competent, very smart person who has such limited choices"). Da blendet sie zwei Dinge aus:
- dass Penelope keineswegs weint, weil sie sich als Frau nicht selbst verwirklichen kann, sondern aus Kummer und Sehnsucht nach Odysseus (steht direkt daneben im Text, ist keine Interpretationssache),
- dass auch männliche Charaktere "verschwinden", aufhören zu existieren, und zwar wenn ihre Ehre (= im archaischen Sinne: ihre Stellung in den Augen der anderen) angegriffen oder zerstört wird: Achill verschwindet in der Ilias mehr oder weniger 16 Bücher lang, nachdem er öffentlich vom König entehrt wurde; Aias bringt sich um, nachdem er sich unter Athenes Einfluss mit der Tötung der Schafe lächerlich gemacht hat, so kann er nicht mal mehr oder vielleicht vor allem nicht mehr seinem eigenen Vater unter die Augen treten. Diese - männlichen - Charaktere sind tatsächlich von "death of the self" bedroht, wenn sie den gesellschaftlichen Erwartungen nicht entsprechen. Nicht Penelope.

Zudem finde ich es unseriös und unlauter von Wilson, wie sie impliziert, dass ihre Übersetzungs-Vorgänger nicht richtig hingesehen hätten, was wirklich im Text steht (ca. bei 13:00). Sie drückt sich natürlich auch hier wieder implizit und "verkehrtrum" aus, sodass man ihr nicht an den Karren fahren kann: "WENN man richtig hinschaut (wie sie selbst natürlich :-)), kann man eine bessere Grundlage für eine kritische Auseinandersetzung mit dem Text entwickeln." Eine unangenehme, arrogante Haltung.

Am Ende hat sie genau das eine misogyne Wort vorzuweisen, "slut". Damit hat sie völlig recht. Aber das isses auch schon.
Abenteuer. Hah. Große Erlebnisse. Pah. Nach solchen Dingen verlangt es einen Hobbit nicht.

Toxyna

Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Do 30. Jun 2022, 15:28

Oh danke für die umfangreiche Analyse. Fast schade, die nur hier im kleinen Kreis zu veröffentlichen.

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Kadosma akwbi
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Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Fr 1. Jul 2022, 07:28

Ach, ich hatte Langeweile :D
Abenteuer. Hah. Große Erlebnisse. Pah. Nach solchen Dingen verlangt es einen Hobbit nicht.

Tala2

Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Mi 27. Jul 2022, 00:19

alles Gute nachträglich Luna.
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Kadosma akwbi
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Re: [XVIII] - HANK zieht (R)UM

Beitrag Mi 27. Jul 2022, 16:50

Danke, ihr Lieben :-)
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